Handelsvertreter, Handelsvertretervertrag, Vertriebsverträge
Unter den Vertriebsverträgen ist insbesondere der Handelsvertretervertrag ein besonders häufiger. Auf den Handelsvertretervertrag findet das Handelsvertretergesetz 1993 (HVertrG), mit welchem die EG-Handelsvertreterrichtlinie (86/653/EWG) umgesetzt wurde, Anwendung.
Der Handelsvertretervertrag ist aus wirtschaftlicher Sicht sehr bedeutend, da der Handelsvertreter als selbstständiger Fachmann sehr viel zum Erfolg eines Produktes beitragen kann. Gute und talentierte Handelsvertreter sind stets gefragt und gut bezahlt.
Nach dem Gesetz gilt jener als Handelsvertreter, der von einem anderen Unternehmer mit der Vermittlung und dem Abschluss von Geschäften in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt.
Im Lichte der Judikatur ist unter „Vermittlung“ zu verstehen, dass der Handelsvertreter durch seine mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf den potenziellen Geschäftspartner des Unternehmens (z.B. durch Informieren, Beraten, Besprechen etc.) den Abschluss des Geschäftes fördert (Mitursächlichkeit reicht aus).
Mit Inkrafttreten des § 26a Handelsvertretergesetz am 01.07.2006 folgte der Gesetzgeber der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und stellte endgültig klar, dass das Handelsvertretergesetz auch auf Versicherungsvertreter anzuwenden ist.
Grundlegende Rechte des Handelsvertreters nach dem Handelsvertretergesetz sind:
Recht auf Buchauszug:
Gemäß § 16 Abs. 1 HVertrG kann der Handelsvertreter vom Unternehmer zur Nachprüfung des Betrages der ihm zustehenden Provision einen Buchauszug sowie alle Auskünfte verlangen.
Ausgleichsanspruch:
Gemäß § 24 Abs. 1 HVertrG gebührt dem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit
- er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,
- zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und
- die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Provision nach Beendigung des Vertragsverhältnisses:
Gemäß § 11 HVertrG gebührt für Geschäfte, die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zustande gekommen sind, dem Handelsvertreter eine Provision, wenn und soweit
- das Geschäft überwiegend auf seine Tätigkeit während des Vertragsverhältnisses zurückzuführen ist und der Abschluß innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zustande gekommen ist, oder
- die verbindliche Erklärung des Dritten, das Geschäft schließen zu wollen, noch vor Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Weiters unterliegt jeder Handelsvertretervertrag den Kündigungsbeschränkungen gemäß § 21 Handelsvertretergesetz.
Egal ob Sie Unternehmer oder Handelsvertreter sind, ist eine profunde Kenntnis der Gesetzeslage und der möglichen Regelungen in einem Handelsvertretervertrag unumgänglich. Das Handelsvertretergesetz als Spezialmaterie enthält nicht wenige Fallstricke, die entweder dem Handelsvertreter oder auch dem Unternehmer, der einen Handelsvertreter einsetzen möchte, viel Geld kosten können.