Das Dauerdelikt Freizeitwohnsitz – Eine rechtliche Betrachtung in Tirol
Was ist ein Dauerdelikt?
Die Nutzung von Immobilien als Freizeitwohnsitz stellt in Tirol nicht nur eine wichtige gesellschaftliche, sondern auch eine zentrale rechtliche Thematik dar. Besonders relevant ist hierbei die rechtliche Einordnung dieser Nutzung als Dauerdelikt, was spezifische Auswirkungen auf die Sanktionierung und die Durchsetzung des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG 2022) hat. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung des Dauerdelikts im Kontext von Freizeitwohnsitzen und die maßgebliche Rolle der Tiroler Judikatur.
Ein Dauerdelikt zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht durch eine einmalige Handlung verwirklicht wird, sondern über einen längeren Zeitraum fortbesteht. Solange der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten wird, gilt das Delikt als andauernd. In Bezug auf Freizeitwohnsitze bedeutet dies, dass die rechtswidrige Nutzung einer Immobilie als Freizeitwohnsitz über einen längeren Zeitraum hinweg eine einheitliche Tat darstellt – unabhängig von zwischenzeitlichen Veränderungen oder einzelnen Nutzungsvorgängen. Diese rechtliche Einordnung hat erhebliche Konsequenzen für die behördliche Verfolgung.
Freizeitwohnsitze und das Tiroler Raumordnungsgesetz
Gemäß § 13 TROG 2022 gelten Gebäude oder Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses dienen, als Freizeitwohnsitze. Werden Immobilien ohne entsprechende Genehmigung als solche genutzt, liegt ein Verstoß gegen die raumordnungsrechtlichen Bestimmungen vor. Nach § 13a TROG wird diese Nutzung sanktioniert, wobei der Tatbestand als Dauerdelikt zu werten ist.
Wie das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) in seinem Erkenntnis vom 23.01.2025 (GZ: LVwG-2024/17/2439-2) darlegte, greift bei der Nutzung als Freizeitwohnsitz die rechtliche Bewertung des Dauerdelikts. Dies bedeutet, dass eine Strafe sämtliche vor der behördlichen Entscheidung liegenden Tatzeiträume umfasst, solange keine erkennbare Aufgabe des Delikts vorliegt.
Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Dauerdelikt
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) hat die rechtlichen Grundlagen für die Bewertung von Freizeitwohnsitzen als Dauerdelikte maßgeblich geprägt. In der Entscheidung vom 06.05.2023 (GZ: Ra 2023/06/0199) wurde bestätigt, dass eine durchgehende Nutzung ohne Unterbrechung als Freizeitwohnsitz nicht in Einzelakte zerlegt werden darf. Vielmehr stellt der gesamte Zeitraum der rechtswidrigen Nutzung eine einheitliche Tat dar. Dies gilt bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Täter nachweislich die Nutzung einstellt oder ein behördliches Straferkenntnis ergeht.
Praktische Konsequenzen
Die rechtliche Einordnung als Dauerdelikt hat mehrere Auswirkungen:
- Kumulationsverbot: Es darf nicht mehrfach für denselben Tatzeitraum bestraft werden. Bestraft wird der gesamte Zeitraum bis zur behördlichen Entscheidung.
- Tatzeitraum: Sämtliche Handlungen vor der Zustellung des Straferkenntnisses gelten als abgegolten, sofern sie denselben Tatbestand betreffen.
- Fortsetzung der Handlung: Eine erneute Bestrafung ist nur möglich, wenn die Nutzung nach der Zustellung des Bescheids fortgesetzt wird.
Dies wird durch das Verbot der Doppelbestrafung gestützt, das sowohl im Verwaltungsstrafgesetz (VStG) als auch durch die Verfassung garantiert wird (Art. 4 Protokoll Nr. 7 EMRK).
Dauerdelikt versus fortgesetztes Delikt
In der Judikatur wird zwischen einem Dauerdelikt und einem fortgesetzten Delikt unterschieden. Während das Dauerdelikt durch die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands definiert ist, wird ein fortgesetztes Delikt durch mehrere gleichartige Einzelhandlungen begründet, die in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Auch bei einem fortgesetzten Delikt greift jedoch das Doppelbestrafungsverbot, sodass frühere Tatzeiträume nicht erneut geahndet werden dürfen.
Fazit zum Dauerdelikt Freizeitwohnsitz
Die Nutzung von Immobilien als Freizeitwohnsitz stellt in Tirol ein Dauerdelikt dar, das durch strenge gesetzliche und verwaltungsstrafrechtliche Regelungen kontrolliert wird. Eigentümer sollten sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst sein, da Verstöße nicht nur empfindliche Geldstrafen, sondern auch langwierige behördliche Verfahren nach sich ziehen können. Die Einordnung als Dauerdelikt schützt zudem vor unzulässigen Mehrfachbestrafungen, sofern die Tatzeiträume durch ein vorheriges Straferkenntnis abgedeckt wurden. Eine sorgfältige Prüfung und gegebenenfalls rechtliche Beratung sind daher für betroffene Eigentümer essenziell.
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