Zugaben als aggressive oder sonst unlautere Geschäftspraktik? (OGH 18.06.2013, 4 Ob 100/13 d)
Zum Verständnis vorab: Durch die Novelle des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, welches 2007 in Kraft getreten ist, wurde eine „schwarze Liste“ eingeführt. Diese enthält zahlreiche Verbote irreführender oder aggressiver Verhaltensweisen, die auf jeden Fall eine Rechtsverletzung begründen. Viele der genannten Methoden wurden auch schon bisher nach der Rechtsprechung des OGH als unzulässig ausgesprochen. Die schwarze Liste ermöglicht Betroffenen eine leichtere Nachvollziehbarkeit der Verbote.[1] Die schwarze Liste befindet sich im Anhang des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. § 9a UWG enthielt eine eigene Bestimmung in welchen Fällen jemand wegen unentgeltlicher Zugaben auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann. Dieser Paragraph wurde mit dem Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 aufgehoben.
Laut OGH kann wegen des abschließenden Charakters der „schwarzen Liste“ unzulässiger Geschäftspraktiken die Ankündigung von Zugaben nur mehr dann untersagt werden, wenn sie einen Tatbestand des Anhangs zum UWG erfüllt oder im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Seit der Aufhebung von § 9a UWG ergibt sich dies auch direkt aus dem Gesetz.
Das Berufungsgericht verneinte laut OGH das Vorliegen einer aggressiven oder sonst unlauteren Geschäftspraktik mit vertretbarer Begründung. Es ist zwar richtig, dass eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers grundsätzlich schon darin liegt, sich mit der Offerte eines Unternehmers näher zu befassen. Ein solches Befassen dadurch zu initiieren, dass im Fall des Vertragsschlusses eine Zugabe versprochen wird, ist weder aggressiv noch – als Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt – sonst unlauter iSv § 1 Abs 1 Z 2 UWG. Wenn sich ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, mit einer auf den jeweiligen Anlass abgestimmten Aufmerksamkeit, näher mit dem Angebot befasst, wird auch eine hochwertige Zugabe nicht dazu führen, dass er sich allein deswegen, also unter Ausschluss rationaler Erwägungen, für dieses Produkt entscheidet.
[1] Schwarze Liste bei unlauterer Geschäftspraktik, PRVAnews, 2008.