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Verbrechensopfer: Wer gilt als "Opfer"? Welche Rechte stehen Verbrechensopfern im Strafverfahren zu? Wie können finanzielle Ansprüche durchgesetzt werden?

Allgemeines: Welche Personen gelten als „Opfer“ im Sinne der Strafprozessordnung 1975?

Die Strafprozessordnung 1975 (kurz StPO 1975) räumt Verbrechensopfern eine Reihe von Rechten für das Strafverfahren ein. Wer jedoch als "Opfer" im Sinne der StPO 1975 gilt, definiert § 65 Z 1 StPO 1975. Drei Arten von Verbrechensopfern sind vorgesehen:

Erste Art von Verbrechensopfern: Die Stellung eines "Opfers" kommt jeder Person zu, die entweder:

  1. durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt worden sein könnte, oder
  2. durch eine vorsätzlich begangene Straftat in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein könnte
  3. bzw auch jeder Person, deren persönliche Abhängigkeit durch eine vorsätzlich begangene Straftat ausgenützt worden sein könnte.

Vorausgesetzt ist bei dieser Art von "Opfern" eine vorsätzlich begangene Tat, nicht aber ein bestimmter Schadenseintritt. Unter bestimmten Voraussetzungen haben jene Verbrechensopfer einen Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung.

Zweite Art von Verbrechensopfern: Könnte aufgrund einer Straftat der Tod einer Person herbeigeführt worden sein, so gelten als "Opfer":

  1. der Ehegatte,
  2. der eingetragene Partner,
  3. der Lebensgefährte, 
  4. die Verwandten in gerader Linie,
  5. der Bruder, die Schwester und
  6. sonstige Unterhaltsberechtigte der gestorbenen Person.
  7. Auch andere Angehörige sind "Opfer", sofern sie Zeugen der Tat waren.

Für diese Art der "Opfer" spielt die Frage, ob es sich um eine vorsätzliche bzw. fahrlässige Tat handelt, keine Rolle. Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch sie einen Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung.

Dritte Art von Verbrechensopfern: Als dritte Art der Opferstellung erfasst die StPO 1975 jede andere Person, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten haben oder sonst in ihren strafrechtlich geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt worden sein könnte. Für die Erlangung der Stellung eines "Opfers" im Strafverfahren genügt somit die Beeinträchtigung irgendwelcher strafrechtlich geschützten Rechtsgüter.

Welche Rechte haben Verbrechensopfer im Strafverfahren?

"Opferrechte" sind den "Opfern" von Amts wegen zu gewähren. Die nachfolgende Aufzählung von "Opferrechten" soll einen groben Überblick vermitteln und ist nicht abschließend:

  1. Recht auf Vertretung: Als "Vertreter" kann entweder ein Rechtsanwalt, eine anerkannte Opferschutzeinrichtung oder eine sonst geeignete Personen die Verfahrensrechte der Verbrechensopfer ausüben, und diesen beratend und unterstützend zur Seite stehen.
  2. Recht auf Akteneinsicht: Die Akteneinsicht ist kostenlos und Verbrechensopfer haben ein Recht auf Übersetzung.
  3. Recht auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung
  4. Recht auf Information über allgemeine Opferrechte: Das Verbrechensopfer hat ein Recht darauf über den Gegenstand des Verfahrens und über seine wesentlichen Rechte informiert zu werden.
  5. Recht auf Information über spezielle Opferrechte
  6. Recht auf Mitwirkung an der Beweisaufnahme: Verbrechensopfer dürfen sich aktiv am Ermittlungsverfahren beteiligen. Sie dürfen z.B. an einer kontradiktorischen Vernehmung oder einer Tatrekonstruktion teilnehmen.
  7. Recht auf Beiziehung einer Vertrauensperson: Auf Verlangen ist dem Verbechensopfer die Anwesenheit einer Person seines Vertrauens bei der Vernehmung zu gestatten. Auf dieses Recht ist in der Ladung hinzuweisen.
  8. Rechte spezieller Opfer im Zusammenhang mit ihrer Vernehmung: Unmündige und Sexualdeliktsopfer sind schonend zu vernehmen, d.h. in einem anderen Raum als dem Verhandlungssaal. Sexualdeliktsopfer haben das besondere Recht im Ermittlungsverfahren von einer Person gleichen Geschlechts vernommen zu werden.
  9. Rechte im Rahmen von Personendurchsuchungen: Jene Opfer, die durch eine Straftat Verletzungen oder andere Veränderungen am Körper erlitten haben könnten, dürfen in keinem Fall dazu gezwungen werden, sich gegen ihren Willen durchsuchen zu lassen. Es kann eine Vertrauensperson beigezogen werden, sofern eine Durchsuchung durchgeführt werden kann.
  10. Recht auf Verständigung über den Fortgang des Verfahrens
  11. Recht, die Fortführung des Verfahrens zu beantragen
  12. Recht auf Einspruch wegen Rechtsverletzung: Dieses Rechtsmittel dient der Durchsetzung subjektiver Interessen, wenn Opferrechte wie z.B. Gewährung einer Übersetzungshilfe nicht gewährt werden.
  13. Recht auf Entschädigung: Im Wesentlichen ist dieses Recht durch die für Verbrechensopfer bestehende Möglichkeit der Privatbeteiligung gewährleistet. Schließt sich ein Verbrechensopfer dem Strafverfahren als Privatbeteiligter an, so kann das Strafgericht über die geltend gemachten Ansprüche entscheiden.

Wie können finanzielle Ansprüche des Verbrechensopfers durchsetzt werden?

Grundsätzlich können Verbrechensopfer (geschädigte Personen) einen Zivilprozess gegen den Schädiger führen, um ihre Schadensersatzansprüche durchzusetzen (z.B. Schmerzensgeld, Heilungskosten). Als Alternative dazu können Schadensersatzansprüche auch im Strafverfahren geltend gemacht werden, indem sich das Verbrechensopfer dem Strafverfahren gegen die beschuldigte Person, dem Schädiger, als Privatbeteiligter anschließt.

Opfer haben das Recht, den Ersatz des durch die Straftat erlittenen Schadens oder eine Entschädigung für die Beeinträchtigung ihrer strafrechtlich geschützten Rechtsgüter zu begehren.

Um ihre Ansprüche im Strafverfahren durchzusetzen, müssen Privatbeteiligte – wie im Zivilverfahren – einen ausdrücklich bestimmten Betrag verlangen und die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche nachweisen. Für die Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche ist außerdem vorausgesetzt, dass der Angeklagte verurteilt wird.

Der Privatbeteiligtenanschluss sollte frühestmöglich im Strafverfahren erklärt werden.

Im Gegensatz zum Zivilverfahren ist hervorzuheben, dass im Strafverfahren keine Gerichtsgebühren zu zahlen sind und dass dem angeklagten Schädiger kein Kostenersatz zu erstatten ist (selbst wenn dieser freigesprochen wird).

Ihr Law Experts Rechtsanwalt für dieses Rechtsgebiet: Mag. Stefan Gamsjäger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Telfs und Wien, Anwalt Österreich, Ihr Rechtsanwalt vertritt Sie österreichweit