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Fragen und Antworten zum Thema Probleme mit Handwerkern & Bauausführung beim Hausbau in Zeiten von Corona

1.) Was passiert, wenn die Handwerker sich weigern, weiter auf der Baustelle zu arbeiten? Kann man statt dessen ein anderes Unternehmen engagieren (sofern man eines findet)? Wie sieht es dann mit den Kosten aus?

Grundsätzlich besteht in der Regel ein Werkvertrag zwischen Bauherr und Bauunternehmer bzw. jeweiligem Handwerksbetrieb. Der Handwerksbetrieb ist grundsätzlich entsprechend der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung verpflichtet, das Werk (z.B. also die Ausführung von Trockenbauarbeiten, Elektroinstallationen, die Montage von Fenstern und Türen etc.) fristgerecht auszuführen.

Wenn sich nun die jeweilige Firma weigern würde, weiterzuarbeiten bzw. die Arbeiten fertig zu stellen, so haftet dieses Unternehmen selbstverständlich für entstandene Schäden. Die „Weigerung“ sollte jedenfalls zu Beweiszwecken dokumentiert werden.

Weiters ist zu empfehlen, dem Unternehmen eine letzte Frist zur Fertigstellung der Arbeiten (im Idealfall mit eingeschriebener Briefsendung) zukommen zu lassen. In diesem Schreiben sollte bereits klar angeführt werden, dass im Falle der nicht fristgerechten Fertigstellung ein anderes Unternehmen beauftragt wird und die zusätzlichen Kosten und Aufwände eben das ursprüngliche Unternehmen dann treffen werden.

2.) Wenn sich die Baufertigstellung verzögert, weil wegen des Corona Virus nicht gearbeitet werden kann/darf -, der Bauherr aber bereits die Mietwohnung gekündigt hat: kann der Bauherr Schadenersatz für weitere Mietkosten bzw. Kosten für eine Zwischenlösung (Hotel etc.) verlangen?

In Bezug auf die derzeitige Krisensituation bezüglich Covid-19 muss festgehalten werden, dass es dazu naturgemäß noch keine Rechtsprechung gibt. Die Frage des Schadenersatzes hängt ursächlich mit der Frage zusammen, ob Covid-19 als „höhere Gewalt“ einzustufen ist oder nicht. In Österreich spricht man von „höherer Gewalt“, wenn Ereignisse nicht beeinflussbar sind bzw. „von außen kommen“ und „unabwendbar“ sowie „unvorhersehbarer“ sind. Das Ereignis liegt somit außerhalb des Einflussbereiches der Vertragsparteien und kann selbst durch äußerst hohe Sorgfalt nicht abgewendet werden. Geschädigten erwachsen somit nur dann Schadenersatzansprüche, wenn der Schadenseintritt (z.B. zusätzliche Mietkosten) dem beauftragten Bauunternehmer vorwerfbar ist.

Im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Infektionskrankheit SARS hat die Rechtsprechung Fälle höherer Gewalt und die Freistellung von vertraglichen Verpflichtungen bejaht. So hat der OGH in seiner Entscheidung zu OGH 4 Ob 103/05h das Auftreten der Infektionskrankheit SARS als einen Fall von höherer Gewalt beurteilt. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Fällen bezüglich Coronavirus auch um Fälle von höherer Gewalt handelt.

Beim Coronavirus wird ein Ersatzanspruch auf Basis „höherer Gewalt“ z.B. entfallen, wenn behördliche Verbote ausgesprochen werden bzw. plötzlich eine Vielzahl von Arbeitskräften ausfallen und sich die Baufertigstellung deshalb verzögert. Nichtsdestotrotz ist der Coronavirus für sich alleine aber noch kein „Freibrief“, Baufertigstellungen nicht durchzuführen. Wichtig ist es, im Einzelfall zu prüfen, ob die Bauverzögerung tatsächlich aufgrund nicht beeinflussbarer Umstände eingetreten ist oder nicht.
Die Frage, ob das Auftreten des Coronavirus tatsächlich im jeweiligen Fall die Leistungserbringung verhindert oder verzögert hat und ob die Baufirma den Eintritt des Ereignisses nicht hätte verhindern können, ist daher individuell zu prüfen.

Überdies ist für die Beantwortung der Frage des Schadenersatzes auch immer der jeweilige Vertrag durchzusehen, ob dieser irgendeine Vereinbarung für Fälle der „höheren Gewalt“ vorsieht.

3.) Abseits von Corona: Welche Handhabe haben Bauherren, wenn es zu Mängeln kommt ?

Wenn es zu Baumängeln kommt, so hat der Auftraggeber und Bauherr eine Vielzahl von Möglichkeiten. Der wohl wichtigste Rechtsbehelf ist der Gewährleistungsanspruch. Werden Mängel verursacht, so haftet in der Regel das ausführende Unternehmen dafür. Das beauftragte Unternehmen soll sodann nachweislich zur Mängelbehebung aufgefordert werden; dies unter Androhung der sogenannten Ersatzvornahme durch ein anderes Unternehmen.

Im österreichischen Recht besteht aber eine Konkurrenz zwischen Gewährleistung und Schadenersatz. So kann der Bauherr und Übernehmer einer mangelhaften Sache gemäß § 933a Abs 1 ABGB auch Schadenersatz fordern, wenn das Unternehmen und Übergeber den Baumangel verschuldet hat.

Dies ist besonders dann hilfreich, wenn die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist. Ist es somit nicht mehr möglich, sich auf das Gewährleistungsrecht zu stützen, da z.B. der Schaden / der Baumangel erst nach 5 Jahren auftritt, so besteht immer noch die Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern. Schadensersatzansprüche verjähren 3 Jahre nach Kenntnis von Schaden und Schädiger, maximal aber nach 30 Jahren. Dies bedeutet, dass wenn ein Schaden z.B. erst nach 5 Jahren ab Übergabe erkennbar wurde, die diesbezügliche Frist erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt. Das Vorliegen eines Baumangels hat aber stets der Bauherr und Übernehmer des Objektes zu beweisen.

Neben den bereits angeführten Möglichkeiten, Baumängel entsprechend geltend zu machen, gibt es auch weitere Rechtsgrundlagen in Bezug auf Leistungsstörungen im österreichischen Recht. So kann eine Vertragspartei z.B. auch in einen Irrtum in Bezug auf das Haus bzw. die Wohnung verfangen sein. Ein Irrtum ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit und kann auch zu einer Irrtumsanfechtung binnen 3 Jahren ab Vertragsabschluss führen.

Von der Gewährleistung ist auch die Garantie strikt zu unterscheiden. Unter Garantie versteht man die vertragliche Übernahme der Haftung für die Mangelfreiheit der Leistung und handelt es sich hierbei um eine vertragliche Zusicherung. Der Gewährleistungsanspruch ergibt sich im Gegensatz zur Garantie aus dem Gesetz selbst.

In diesem Zusammenhang kann auch der Wucher genannt werden. Beim Wucher handelt es sich um eine grobe Inäquivalenz der Leistungen.

Liegt ein Baumangel an einem Bauobjekt vor und ist dieses Objekt bzw. die erbrachten Leistungen wegen dieses Baumangels / der Baumängel nicht einmal die Hälfte der Gegenleistung (Kaufpreis) wert, so ist auch der Tatbestand der Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis) zu prüfen.

4.) Wie lange gilt die Gewährleistung, was muss man dabei beachten?

Grundsätzlich gilt in Österreich bei unbeweglichen Objekten wie Häusern, Wohnungen etc. die 3-jährige Gewährleistungsfrist. Die 3-jährige Gewährleistungsfrist beginnt mit der Übernahme des Objektes. Innerhalb dieser Frist besteht jedenfalls ein Gewährleistungsanspruch, wenn Mängel vorliegen.

Es gilt im österreichischen Recht der Grundsatz, dass es Sache des Übernehmers / Erwerbers eines Objektes ist, zu beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dass der Mangel schon im Zeitpunkt der Übergabe des Objektes vorhanden war.

§ 924 ABGB sieht allerdings in den ersten 6 Monaten hier eine Abweichung vor. Treten Mängel innerhalb der ersten 6 Monate auf, so gilt eine Beweislastumkehr. Dies bedeutet, dass angenommen wird, dass dieser konkrete Baumangel bereits bei der Übergabe vorhanden war. Dies ist insb. für Konsumenten ein erheblicher Vorteil, da das Prozessrisiko für derartige Baumängel wesentlich niedriger ist, da hier keine Beweislast auf dem Hauskäufer oder Wohnungskäufer bzw. Konsumenten liegt.

5.) Worauf sollten Häuslbauer in diesem Zusammenhang besonders achten?

Im Allgemeinen kann man aus der Praxiserfahrung festhalten, dass Baustellen ohne gesondert beauftragte Bauaufsicht und mit sehr vielen verschiedenen beauftragten Einzelbetrieben eine höhere Wahrscheinlichkeit für Baumängel aufweisen. Der Bauherr sollte sich daher vor der Beauftragung aller Firmen gut überlegen, welche Firmen er im Hinblick auf Seriosität und Verlässlichkeit und nicht nur Preis tatsächlich beauftragt und wie diese untereinander koordiniert werden.

In Bezug auf die Gewährleistung und die Geltendmachung von Baumängeln ist es zu empfehlen, den Baufortschritt durchgehend mit Fotos bzw. einem Bautagebuch zu dokumentieren. Eine gute Dokumentation hilft, im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu beweisen, woher der Baumangel stammt und allenfalls auch, dass dieser schon bei Übergabe vorhanden war.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn ein Haus von einer Privatperson gebraucht gekauft wird. Zwischen Privaten können Gewährleistungsansprüche vertraglich ausgeschlossen werden. In diesen Fällen kann es daher dazu kommen, dass auch grobe Baumängel nicht mehr gegenüber der verkaufenden Partei geltend gemacht werden können.

Oft übersehen wird auch ein mögliches Insolvenzrisiko des Vertragspartners. Es sollte daher auch immer vor Vertragsabschluss eine Überprüfung der Seriosität und der Bonität des Unternehmens vorgenommen werden. Geht ein Handwerksbetrieb, ein Bauunternehmen in Konkurs so nützt es wenig, wenn man das Gerichtsverfahren gewonnen hat.

6.) Können Gewährleistungsansprüche nur gerichtlich durchgesetzt weden? Oder kann man die Probleme auch mitHilfe eines Mediators lösen?

Nachdem es in gerichtlichen Bauverfahren oft um sehr hohe Werte geht und auch hohe Kosten an Sachverständigen in der Regel anfallen ist es jedenfalls anzuraten, eine außergerichtliche Lösung zu finden. Dies kann man als Bauherr durchaus zuerst selbst versuchen, wobei man hier aufpassen muss, in dieser Phase keine verbindlichen und für den Bauherrn selbst negativen Erklärungen abzugeben. Funktioniert dies nicht, so kann mit einem auf Baurecht spezialisiertem Experten oft eine gute außergerichtliche Lösung gefunden werden. Hier können bereits außergerichtlich eingeschaltete Sachverständige behilflich sein.

In jedem Fall sollte in dieser Phase nur mehr ein entsprechend rechtlich ausgebildeter Experte oder Mediator tätig werden, sodass nicht Fehler oder Anerkenntnisse etc. im außergerichtlichen Prozess passieren, die später möglicherweise ein Gerichtsverfahren erschweren oder verunmöglichen.
Nachdem Bauverfahren oft sehr kostspielig und in Bezug auf den Verfahrensausgang für beide Seiten oft unsicher sind, hat auf Basis einer fundierten Argumentation des Bauherrn auch zumeist die seriöse Baufirma ein großes Interesse an der Vermeidung von Gerichtsverfahren.

7.) Übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten bei diesen Verfahren?

Über die letzten Jahre hat sich die Abrechnungspraxis der Rechtsschutzversicherungen aus anwaltlicher Sicht unter dem zunehmenden Kostendruck extrem verschärft. Dies bedeutet, dass es immer schwieriger wird, eine Deckung einer Rechtsschutzversicherung zu erhalten und auch die Abrechnung mit einer Rechtsschutzversicherung oft mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden ist.

Selbst wenn eine Rechtschutzdeckung erreicht werden kann, so bezahlt die Rechtsschutzversicherung nur die Kosten gemäß jeweiligem Versicherungsvertrag auf Basis des sogenannten Rechtsanwaltstarifgesetzes. Oft verlangen Rechtsschutzversicherungen auf diesen Tarif auch noch entsprechende Rabatte, sodass es für den jeweiligen Rechtsanwalt aus betriebswirtschaftlicher Sicht oft „interessant“ ist, ein Gerichtsverfahren zu führen, da die außergerichtlichen Bemühungen kaum abgegolten werden. Rechnet der beauftragte Rechtsanwalt allerdings auf Basis einer Stundensatzabrechnung ab, so erhält der Rechtsanwalt auch für seine außergerichtlichen Bemühungen ein entsprechendes Entgelt, was nicht selten zu einem überdurchschnittlichen Einsatz und zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine außergerichtliche Einigung führt.

Im Falle einer Stundensatzabrechnung werden in der Regel nicht alle Kosten von der Rechtsschutzversicherung übernommen.

> Finden Sie das in der Tageszeitung "Die Presse" mit Dr. Wiesflecker im März 2020 veröffentlichte Interview zum Thema "Wenn am Bau nicht alles klappt" hier.

> Finden Sie hier mehr Informationen zu den Themen Baumängel & Bauprozess, Baumängeldefinition, "versteckte" Mängel, Gewährleistung und Schadenersatz in Österreich.

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